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Seelische Wachstumsschmerzen - Über die Psychologie von Veränderungsprozessen

Aktualisiert: 30. Dez. 2021

Schon Heraklit wusste: "Nichts ist so beständig wie der Wandel." Wir leben in einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft und Umgebung und spätestens mit der Geburt ihres ersten Kindes wird vielen Eltern klar: hat man sich an einen Zustand gewöhnt, verändert er sich schon wieder. Endlich ist das Baby mal einen Tag zufrieden oder hat gut geschlafen folgen ganz häufig direkt Zeiten geprägt von Entwicklung und Unruhe. Was diese ständigen Veränderungen für unsere Psyche bedeuten und warum sie uns zusätzlich herausfordern, möchte ich dir gerne näher bringen.



Lass uns gedanklich einmal in der Evolution ganz weit zurück reisen. Was bedeutete Veränderung für unsere Vorfahren? Im schlimmsten Fall hieß das: Ich kenne mich nicht mehr aus und kann mein Überleben nicht mehr sicherstellen. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass wir an gewohnten Strukturen und unseren Routinen die uns Sicherheit geben festahlten wollen. Sind Veränderungen nicht einmal von uns selbst gewünscht (zum Beispiel weil wir mit einer Situation unzufrieden sind) sondern von außen "erzwungen", werden wir emotional ganz schön herausgefordert. Bis wir einen veränderten Zustand als "Normalität" empfinden durchlaufen wir alle sieben Phasen, in denen wir uns unterschiedlich stark in unserer eigenen Kompetenz, die Situation beeinflussen zu können, wahrnehmen. Wie lange dieser Prozess durch die einzelnen Phasen dauert ist von Mensch zu Mensch verschieden und hängt von unserer Ausgangssituation, unserer Persönlichkeit und unseren Ressourcen ab.


Die erste Phase innerhalb des Veränderungsprozesses gleicht einem Schock (zum Teil einer Schock-Starre). Manchmal haben wir schon eine Vorahnung, ein anderes Mal sind wir unvorbereitet betroffen. Mit welchen Reaktionen dieser Schock verbunden ist ist ganz individuell und reicht von Wut über Trauer bis hin zu völliger Apathie oder auch Ignoranz.


Ganz häufig werden darauf hin aber Kräfte mobilisiert und die eigene Kompetenz Einfluss auf die Veränderung nehmen zu können als sehr hoch eingeschätzt. Dies lässt sich dann an aktiven Widerstand erkennen der laut geäußert wird oder auch passivem Widerstand und einer Verleugnung. Diese zweite Phase wird meistens so weit ausgereizt, bis ein das alte System zusammenbricht oder die persönlichen Kraftressourcen aufgebrauchst sind. Mit der Beobachtung, dass trotz aller Mühen die Veränderung nicht mehr abgewehrt werden kann beginnt eine rationale Einsicht.


Diese Erkenntnis gepaart mit dem Wissen, dass die aufgebrachte Energie nicht zum Ziel geführt hat münden in eine tiefe Enttäuschung. Deshalb wird diese Phase auch das Tal der Tränen genannt. Diese schmerzhafte Erfahrung bekommt selten die notwendige Aufmerksamkeit, genau deshalb, weil sie so unangenehm ist und manchmal aussichtslos erscheint. Entscheidend an diesem Punkt ist es, in eine emotionale Akzeptanz zu kommen. Diese erreichen wir durch ganz viel Mitgefühl uns selbst gegenüber und im besten Fall auch von außen (zum Beispiel durch Halt den wir in Partnerschaft, Freundschaften oder anderen Kontakten finden aber auch durch professionelle Unterstützung wie Coaching oder therapeutische Begleitung). Die Trauer benötigt einen Raum für Integration um aus einer ablehnenden Haltung wieder in die Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit zu kommen.


Mit der echten Annahme und emotionalen Akzeptanz stellt sich in der Regel eine Offenheit für das Neue ein. In Phase fünf steht deshalb erster Lernen und Ausprobieren an. Damit steigt ab diesem Zeitpunkt auch wieder die Einschätzung unserer wahrgenommenen Kompetenz. Mit dem Herantasten an die Situation und neue Verhaltensweisen sind immer wieder Rückschläge verbunden, die im besten Fall zu einer Kompetenzerweiterung führen.


Mit der Erkenntnis, welche Vorteile der Wandel mit sich bringt steigt in Phase sechs die Neugier und die Freude auf die neugewonnenen Erfahrungen. Mit diesen Erkenntnissen und immer mehr Lernerfolgen gewinnen wir an Selbstvertrauen und die Widerstände haben sich abgebaut. Wir integrieren ganz seöbstverständlich das Neuerlernte in unseren Alltag (Phase sieben). Bis zur nächsten Veränderung ...



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